Kulturwandel – die Transformation beginnt im Kopf | Teil 2

Kulturwandel Teil 2: Die ersten Schritte gehen
Nachdem sich der erste Artikel dieser Serie mit den grundlegenden Überlegungen von New Work und Kulturwandel beschäftigt hat, widmet sich dieser Teil den Anfängen einer wirksamen Veränderung. Welche Möglichkeiten gibt es, den Kulturwandel im eigenen Unternehmen anzustoßen und wie sehen diese aus? Anhand von zwei typischen Szenarien zeigen wir auf, wie Organisationen die ersten Schritte der Veränderung gehen können, was ihnen hilft, um wünschenswerte Veränderungen anzustoßen und wie man einige Stolperfallen schlau umschifft.

 

Eines vorneweg: Der Wandel einer Unternehmenskultur lässt sich nicht von heute auf morgen verwirklichen oder gar per Knopfdruck umsetzen. Tatsächlich ist es ein Prozess, der einer Reise gleicht – und zwar keiner Reise im komfortabel ausgestatteten, klimatisierten First-Class-Abteil mit bestem Service. Wir sprechen von einer Reise zu Fuß, auf steinigen, steilen Pfaden, bei Wind und Wetter und mit unzureichender Ausrüstung. Doch sich auf den beschwerlichen Weg zu machen ist und bleibt die einzige Methode, mit der sich das gewünschte Ziel erreichen lässt.

 

Bitte bloß nichts verändern

Und darin besteht auch schon die größte Überwindung, denn Veränderungen wirken auf Menschen als gewohnheitsliebende Spezies einschüchternd. DasGewohnte ist automatisch lieber als das Ungewohnte, selbst wenn es uns schadet. Das kennen insbesondere Menschen, die sich aus einer toxischen Beziehung nicht befreien können oder seit Jahren unzufrieden im selben Job festhängen.

Die Rechtfertigung lautet dann: „Da weiß ich wenigstens, woran ich bin.“ Damit uns die raue See der Unwägbarkeiten nichts anhaben kann, bleiben wir vorsichtshalber dort, wo wir sicher sind: in ruhigen Gewässern – auch bekannt als Komfortzone. Selbst wenn das Unbekannte ganz danach aussieht, dass es viel besser sein könnte als das Bekannte, trauen wir der Sache nicht und verharren im sicheren Hafen des Status quo. Wenn wir etwas ändern sollen, dann sträubt sich etwas in uns.

Etwas zu ändern wird nämlich häufig von dem Gefühl begleitet, das bislang etwas falsch lief. Das stimmt natürlich nicht, der Status quo ist ja aus einem anderen Umfeld heraus entstanden, in dem die alten Herangehensweisen durchaus zielführend und „richtig“ waren. Doch die Gegebenheiten verändern sich stetig. Und weil sie das tun, verändert sich auch fast immer das, was in der Zusammenarbeit im Unternehmen zielführend und erstrebenswert ist.

 

Die Angst hinter dem Widerstand

Wenn Führungskräfte eine Veränderung anstoßen wollen, werden sie immer auch auf Widerstand stoßen. Dabei gilt es zu verstehen, dass das Hindernis auf dem Weg zu einer neuen Arbeitskultur nicht die widersprechende Person selbst ist, sondern deren Angst vor Veränderung und dem Unbekannten. Diese trägt jeder von uns in sich, die einen mehr, die anderen weniger. Bei denen, die sich aktiv gegen die Veränderung aussprechen, sind diese Ängste besonders stark. Diese Ängste können Kollegen und Führungskräfte nicht mit Fakten und rationalen Argumenten aus dem Weg räumen. Es bedarf der Möglichkeit eigene Erfahrungen zu machen und die Vorteile am eigenen Leib zu spüren, denn unseren eigenen Erfahrungen trauen wir schlicht am meisten.

Für das Vorgehen gibt es kein Pauschalrezept, keine Blaupause. Jedes Unternehmen ist anders und jede Herausforderung in ihrem Kontext spezifisch. Eine Organisation kann sich dabei sowohl auf die Reise des Kulturwandels begeben, indem dies von oben angestoßen wird (Der Käpt´n übernimmt das Steuer) oder indem der Wandel aus der Mitte heraus entsteht („Das engagierte Crew-Mitglied hat eine Vision“).

 

Szenario 1: Der Käpt’n übernimmt das Steuer

Der Käpt’n: Er oder sie trägt Verantwortung für die Weiterentwicklung der Organisation und ist meist Teil der Geschäftsleitung oder verantwortlich für einen Geschäftsbereich. Seit einiger Zeit beschäftigt sich der Käpt’n mit dem Thema „kulturelle Transformation“, kennt den Zusammenhang von menschenzentrierter Unternehmenskultur und dem langfristigen Erfolg der Organisation und weiß: „Wir können es besser.“

Der offensichtlichste Weg, die kulturelle Transformation anzugehen, führt von der visionären Geschäftsführung aus in die Herzen der Mitarbeitenden. Dazu muss der Großteil der Entscheidungstragenden hinter dem Wandel stehen und diesen vorleben. Wenn der „Käpt’n“ nicht hält, was er verspricht, verspielt er schnell die Unterstützung der Belegschaft. Und die ist entscheidend, denn Veränderungen im Rahmen von New Work stehen und fallen mit der Überzeugung der Mannschaft. Nur wer dieser die Vorteile der Veränderungen und das eigene Commitment glaubhaft versichern kann, entfacht bei den Teammitgliedern das nötige Komm-mit-ment, das es braucht, um die Vision Realität werden zu lassen. Dazu braucht es eine kontinuierliche Kommunikation, um die Überlegungen hinter der Vision und den aktuellen Status des Prozesses transparent aufzeigen. Ein Post im Intranet oder eine E-Mail an die Belegschaft sind bei weitem nicht genug. Es braucht nicht nur Zeit, um die Vision zu vermitteln, sondern auch, um in den offenen Austausch mit den Mitarbeitenden zu gehen. Empathisches Zuhören ermöglicht es, aufkommende Fragen und Sorgen zu verstehen, ernst zu nehmen und darauf eingehen zu können. Wichtiger als darüber zu sprechen ist natürlich Veränderung zu erleben: Dafür müssen Erfahrungsräume entstehen, in denen die Mitarbeitenden die Vision in einzelnen Teilen hautnah erleben können, um überhaupt daran zu glauben und die Bereitschaft zu entwickeln, sich auf den Weg zu machen. Durch das dabei entstehende tiefergehende Verständnis wächst das Vertrauen, Mitarbeitende können Stück für Stück ihre Ängste und damit einhergehende Widerstände abbauen.

 

Die Mannschaft einbinden

Damit eine Organisation sich tatsächlich transformiert und die Mitarbeitenden den Wandel über Dauer mittragen, giltes sie dauerhaft mit einzubinden und zu
der Gestaltung des (eigenen) Wandels zu befähigen. Das braucht zwar mehr Zeit als wenn die Mitarbeitenden nur die Vision der Unternehmensleitung umsetzen. Es erzielt aber einen wesentlich größeren Effekt, weil die Akzeptanz höher wird, wenn die Mitarbeitenden sich selbst ihre eigene erfüllende Arbeitswelt schaffen.

Man muss nicht auf einen Schlag das ganze Unternehmen umkrempeln, es können zunächst auch nur kleine Ziele auf diese Art und Weise umgesetzt werden. Möglich ist zum Beispiel ein Pilotprojekt, bei dem Mitarbeitende ein neues Konzept für das Arbeiten nach der Pandemie und die Arbeitswelt von morgen entwerfen sollen. Dabei arbeiten sie in bereichs- und hierarchieübergreifenden Teams und lernen eine neue Art der Zusammenarbeit kennen. Die Mitarbeitenden machen dabei neue Erfahrungen und es entstehen wichtige Erkenntnisse von innen heraus. Dieser Freiraum macht sich bezahlt, denn Mitarbeitende erkennen ihr eigenes Potenzial, Neues zu gestalten, und fühlen, dass es sich lohnt, mutig zu sein.

So lassen sich die Mitarbeitenden für eine Richtung und die damit einhergehende Vision begeistern. Noch besser ist natürlich, wenn sie nicht nur der Vision der Geschäftsführung folgen, sondern eine solche von innen heraus selbst anstoßen.

 

Stolperfalle (Realitäts-)Bezug

Als Käpt’n und visionäre Spitze ist es wichtig, sich eines bewusst zu machen. Mitarbeitende und Führungskräfte hatten nicht im gleichen Maße die Chance (und auch nicht die Aufgabe), sich mit der Zukunft des gemeinsamen Unternehmens auseinanderzusetzen. Der gedankliche Weg vom „handfesten“ Tagesgeschäft zur Meta-Ebene der Unternehmenszukunft ist weiter, als man denkt. Um in der Analogie zu bleiben: Der Blick über die weite See hin zum Horizont („Da ist Land in Sicht!“) ist für den Ruderer schwerer als für den, der im Ausguck sitzt.

 

Szenario 2: Das engagierte Crew-Mitglied hat eine Vision

Das „engagierte Crew-Mitglied“ hat Freude an seiner Arbeit und mag seine Kolleginnen und Kollegen. Es glaubt an die noch schlummernden Potenziale des eigenen Teams oder der Organisation und weiß schon lange: „Eigentlich wäre es anders sinnvoller“. Seit dem letzten Austausch mit einer Branchenkollegin oder einem inspirierenden Vortrag nimmt sich das Crew-Mitglied vor, gemeinsam mit den anderen Teammitgliedern nun wirklich etwas zu verändern. Nicht immer muss der Kulturwandel von oben angestoßen werden, auch aus der Mitte heraus kann dies geschehen. Was es braucht, ist ein Funke in Form von ein oder zwei engagierten Mitarbeitenden, die den tiefen Wunsch haben, etwas an der bestehenden (unbefriedigenden) Situation zu ändern und die bereit sind, alte Denkmuster einzureißen. Um einen Stein ins Rollen zu bringen, braucht es die Veränderung im Kleinen, die sich auch auf andere positiv auswirkt. Ein erstes Projekt, in dem eine Herausforderung einmal anders angegangen wird, bietet eine hervorragende Möglichkeit, dies auszuprobieren. Damit ein Vorschlag für ein solches Projekt in den Ohren einer Führungskraft nicht nur nach „Spielwiese“ klingt, sollten Mitarbeiter die Vorteile des Projektes aufzeigen. Diese liegen in der Lösung einer für sie oder ihn relevanten Herausforderung. Denkbar sind Projekte wie der Abbau von Silo-Denken und die Stärkung von abteilungsübergreifender Zusammenarbeit, das Beleben des Wir-Gefühls, oder der Aufbau einer IT, die als Innovationstreiber fungiert, bis hin zum Entwickeln eines eigenen, bedürfnisorientierten Intranets, das Zusammenspiel von Führungskraft und Mitarbeitenden, oder eine spezielle, kleine oder große Herausforderung im beruflichen Umfeld.

Bei einer solchen Veränderung handelt es sich oft um komplexe Probleme und es bietet sich fast immer eine nutzerzentrierte, agile Herangehensweise an. Das Team kann eine relevante Herausforderung inhaltlich vorantreiben und dabei gemeinsam eine neue Art der Zusammenarbeit kennenlernen: Nutzerzentrierte, agile, wertschätzende, lösungsorientierte, hierarchiefreie Teamarbeit auf Augenhöhe. Dabei entsteht bei allen Beteiligten die wertvolle Erfahrung, etwas erfolgreich anders gemacht zu haben und das kann dann alsAusgangspunkt und Zündfunke für weitere Veränderungen und Projekte im Unternehmen dienen – drei Fliegen mit einer Klappe! Der Wandel beginnt im Kleinen, aber breitet sich wie eine Welle auf dem Ozean der Möglichkeiten immer mehr in alle Richtungen aus und gewinnt zunehmend an Fahrt. Damit dies funktioniert, sind vor allem Durchhaltevermögen, der Glaube daran, aber auch die richtige direkte Führungskraft entscheidend. Wenn die oder der Vorgesetzte offen für Neues ist, gibt es ein gewaltiges Potenzial für positive Veränderungen, die sich unaufhörlich ausbreiten.

 

Wichtige Erkenntnisse durch methodische Unterstützung

Damit am Ende eines solchen Projektes handfeste Ergebnisse stehen und der Baum der Erkenntnis reichlich Früchte trägt, ist eine teamexterne fachkundige Unterstützung empfehlenswert. Durch die richtige Verwendung der passenden Methoden und entsprechende Erfahrung steigen die Erfolgschancen, eine für alle zufriedenstellende Lösung zu finden und die Zusammenarbeit zu verbessern. Schließlich sind die Methoden darauf ausgelegt, eine zielführende Kollaboration zu bewirken und die Begleitung legt ein besonderes Augenmerk auf förderliche zwischenmenschliche Interaktionen, um kreative Impulse zu beflügeln. Da die dabei benötigten Kompetenzen zunächst implizit aufgebaut werden, braucht es hinterher auch ausreichend Zeit, um die gemachten Erfahrungen zu reflektieren und Erkenntnisse daraus zu gewinnen. „New Work needs inner work“, schließlich geht es dabei auch darum, eigene Denk- und Handlungsmuster aufzubrechen, bevor eine neue Kultur gebildet wird.

 

Stolperfalle fehlender Rückhalt von Oben

Früher oder später steht fast jedes engagierte Crew-Mitglied vor dieser Situation: Man will etwas zum Positiven bewegen, etwas vorantreiben, Verantwortung übernehmen und jedesmal fehlt nur ein letztes, kleines Puzzleteil, damit es endlich vorangeht, zum Beispiel der Rückhalt und das Commitment von oben. Es gibt wohl wenig, was frustrierender ist als von Entscheidungsträgern abhängig zu sein, die den eigenen Bemühungen regelmäßig den Riegel vorschieben. Aber Resignation ist keine gute Option, wenn das, wofür man einsteht, (einem selbst) wichtig ist.

Damit Mitarbeitende mit ihren Initiativen nicht auf taube Ohren stoßen, sollten sie sich Ihrer Gründe für ihre Initiativen bewusst sein und diese klar kommunizieren. Das hilft, Missverständnisse zu vermeiden. Es kann auch sein, dass zwar eine bestimmte Idee keinen Anklang findet, die Gründe dahinter aber begrüßt werden. Dann kann gemeinsam eine alternative Ausgestaltung gefunden werden. Bei Gegenwind und ablehnenden Entscheidungen sollten Mitarbeitende nach den konkreten Gründen fragen. So lässt sich eine bessere Gesprächs- und Argumentationsbasis zu schaffen.

Es hilft, selbstbewusst und hartnäckig zu sein – irgendwann ist meistens der Punkt erreicht, an dem sich die Ressourcenfreigabe für ein kleines Pilotprojekt im Gegenzug für etwas Ruhe nach einem guten Tauschhandel anhört. Es ist in Ordnung, zunächst kleiner zu denken und dann lieber gestärkt mit Erkenntnissen und tollen Ergebnissen einen größeren Aufschlag zu wagen.

 

Nicht zu bequem sein, sich Hilfe zu holen

Immer wieder im Leben werden wir von Situationen herausgefordert, die neu oder unbekannt sind. Nicht selten wirken diese beängstigend groß und schier unüberwindbar. Aber mit etwas Hilfe lässt sich jede Herausforderung bezwingen. Wir dürfen nur nicht zu stolz oder zu bequem sein, um nach Hilfe zu fragen. Ausgebildete Coaches vermitteln Unternehmen Kompetenzen und validierte Lösungsmöglichkeiten, um ihre Ziele zu erreichen. Als unbefangene Reisebegleiter auf dem Weg zu den neuen Ufern von New Work können sie hinderliche Verhaltensmuster aufdecken und mit ihrer neutralen Stellung den Kulturwandel leichter einleiten. Natürlich ist eine Begleitung mit Kosten verbunden, aber dies sind Investitionen, die sich auszahlen: Der Veränderungsprozess verliert seinen Schrecken und trägt schneller Früchte (vgl. Abb 2). Mitarbeitende spüren ihre Wirksamkeit, sehen sich mit ihren Ideen wahrgenommen und steigern so ihr kreatives Potenzial für den Fortschritt der Veränderung. Qualifizierte Coaches vermögen als Brandstifter in Sachen Kulturwandel zu wirken, indem sie Stück für Stück gewohnte Verhaltensmuster aufbrechen und für ein neues Mindset sorgen.

 

Es wird nicht leichter, machen wir’s besser!

Niemand sagt, dass ein Kulturwandel in der Arbeitswelt ein Spaziergang wird. Es ist wichtig, einfach anzufangen und sich auf den Weg zu machen, es ist sowieso nicht alles planbar. Egal, ob All-InclusiveUrlaub in einem Fünf-Sterne-Hotel oder mit dem Zelt auf dem Rücken „off the beaten path“, irgendwas Unvorhergesehenes passiert immer. Sicher ist nur, das es durch Warten und Nichts-Tun weder leichter noch besser wird. Egal ob Käpt’n oder engagiertes Crewmitglied, wer den Wunsch nach einer besseren Arbeitswelt und etwas Neugier im Gepäck hat, trägt den stärksten Veränderungsmotor bereits in sich. Das reicht bereits, um in See zu stechen. Am Beginn jeder Reise steht dabei der erste Schritt: der Schritt heraus aus der Komfortzone und rein in das Unbekannte. Im nächsten Teil der Serie geht es darum, was passiert, wenn Organisationen die raue See der Veränderung hinter sich lassen.

 

Hier gehts zum Artikel: https://www.emw-online.com/artikel/216181/die-transformation-beginnt-im-kopf
EMW: www.emw-online.com

Autorin: Simone Bromma, Mitgründerin & Geschäftsführerin, Wecreation

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