Was ist eigentlich Kreativität und wozu ist sie gut?

Aus unserer Sicht ist die menschliche Kreativität die unterschätzte Ressource schlechthin. Denn sie ist nicht nur wichtig ist um Probleme in einer komplexen Welt zu lösen, sondern auch trägt auch dazu bei, dass Menschen glücklich sind. Wir wollen Dich auf einen kurzen Ausflug zum Thema Kreativität aus Sicht der Neurobiologie nehmen:

WAS IST KREATIVITÄT?

Mit Kreativität verbinden die meisten Menschen Fingermalfarben, Bastelanleitungen oder exzentrische Künstler in ihrem Atelier. Andere vielleicht eine seltene Gabe, die nur Ausnahme Persönlichkeiten wie da Vinci, Mozart oder Picasso vorbehalten ist. Die Wenigsten denken bei Kreativität an sich selbst, obwohl ausnahmslos jeder Mensch kreatives Potenzial in sich trägt.(1) Das Wort Kreativität trägt seine Wurzel im lateinischen "creare", dessen Bedeutung mit etwas (neues) erschaffen, hervorbringen, erzeugen, schöpfen übersetzt werden kann. Die heute gängige Definition schließt zusätzlich einen Nützlichkeitsaspekt mit ein: Kreativität ist die Fähigkeit, etwas zu erschaffen, was neu oder originell und dabei nützlich oder brauchbar ist.(2) Der Bildschirm, auf den du schaust, das Haus in dem du lebst und all die kleinen und großen Dinge in deiner Umgebung sind demnach Resultate der menschlichen Kreativität.

KREATIVITÄT AUS SICHT DER NEUROBIOLOGIE (3)(4)(5)

Aus neurobiologischer Sicht ist das menschliche Gehirn nicht zum Abarbeiten von Routinen, sondern für kreatives Problemlösen optimiert.(3)

KREATIVITÄT UND DAS NEUGIERSYSTEM

Immer wenn neue oder unerwartete Wahrnehmungen gemacht und verarbeitet werden, aktiviert sich das Neugiersystem, das in der Fachsprache dopaminerges System genannt wird. Das System schüttet vermehrt den Neurotransmitter Dopamin aus, der Handlungsimpulse verstärkt, sodass diese zu konkreten Handlungen werden. Zusätzlich wird auch das körpereigene Belohnungssystem aktiviert. Das dopaminerge System wird deshalb auch “inneres Antriebssystem” genannt. Die Aktivierung und Belohnung ist immer dann besonders stark, wenn eine neue Handlung oder ein neuer Gedankengang zur erfolgreichen Lösung eines Problems beiträgt.

Neurologisch ist der Mensch also darauf ausgelegt, beständig neue Sinneseindrücke und Herausforderungen zu suchen und Probleme kreativ zu lösen. Denn nur ein schaffender Mensch ist ein glücklicher Mensch.

KREATIVITÄT UND ROUTINETÄTIGKEITEN

Die Verbindungen zwischen Nervenzellen formen sich in Abhängigkeit ihrer Nutzung beständig neu. Die Neuroplastizität hat zur Folge, dass sich unser Gehirn nach unserem Handeln und Denken formt und verändert. Routinetätigkeiten, eingefahrene Tagesabläufe und das Fehlen neuartiger Sinneseindrücke lassen das dopaminerge System verkümmern. Die Vielseitigkeit der Verbindungen/der Grad der Vernetzung der Nervenzellen nimmt ab und es entwickeln sich “eingefahrene” Denk- und Handlungsmuster. Die Schwächung des inneren Antriebssystems führt zu einem schleichenden Verlust der intrinsischen Motivation und zu innerer Unzufriedenheit. Der Verlust des inneren Antriebs und kreativen Potenzials macht Menschen unglücklich und treibt sie zu Ersatzhandlungen wie stetiger Ablenkung oder Selbsterhöhung auf Kosten Anderer.Moderne bildgebende Verfahren ermöglichen einen direkten Einblick in die Aktivierung verschiedener Hirnbereiche bei der Lösung von Problemen. Bei besonders kreativ arbeitenden Menschen sind dabei eine größere Anzahl und entfernter voneinander Liegende Bereiche gleichzeitig aktiv. Kreative Lösungen erfordern auf neuronaler Ebene die sinnhafte Verknüpfung verschiedener, nicht in direkter Beziehung stehender Wissens- und Erfahrung Inhalte. Routinetätigkeiten und gleichbleibende, immer wiederkehrende Sinneseindrücke sind demnach ein direkter Gegenspieler der kreativen Lösungsfindung.

KREATIVITÄT, ANGST UND DAS STRESSSYSTEM

Auf die Kreativität und den Innovationsgeist wirkt die Angst wie ein zäher Ölfilm, der sich über eine sprudelnde Quelle legt.(3)

Auf Umweltreize wie zu hohen Druck, Überforderung, Kontrolle und Unsicherheiten reagiert das limbischen System mit Gefühlsreaktionen. Fehlen adäquate Bewältigungsstrategien, entstehen dabei Angst- und Panikgefühle. Dies führt über eine Kettenreaktion zur Aktivierung stress-sensitiver Systeme und zur vermehrten Ausschüttung von Stresshormonen. Hirnbereiche, die für komplexe Handlungsmuster zuständig sind, können dabei buchstäblich lahmgelegt werden. Menschen greifen dann auf einfache, bisher bewährte Bewältigungs- und Lösungsmuster zurück. Kreative Problemlösung ist in diesem Zustand nicht mehr möglich.

Quellen:

(1)Simonton DK (2000) Creativity. Cognitive, personal, developmental, and social aspects. American Psychologist 55:151–158

(2)Mark A. Runco, Garrett J. Jaeger (2012): The Standard Definition of Creativity. In: Creativity Research Journal. Band 24, Nr. 1

(3)Hüther, G. [&] Schmid, B. (2010): Der Innovationsgeist fällt nicht vom Himmel Kreativität in Menschen und Organisationen aus neurobiologischer und systemischer Sicht. 126-142. 10.1007/978-3-531-92173-0_8.

(4) Hüther, G. (2001): Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn. Göttingen: Vandenhoeck [&] Ruprecht, Göttingen ISBN 9783525014646

(5)Hüther, G. (1997): Biologie der Angst – wie aus Stress Gefühle werden. Vandenhoeck [&] Ruprecht, Göttingen ISBN 3525014392

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