Bist du ein neugieriger Mensch?

“Bist du ein neugieriger Mensch??” Diese Frage klingt so banal dabei beinhaltet sie viel mehr als ein einfaches ja oder nein. “Was genau bedeutet denn Neugierde?” und “Ab wann darf man sich selbst als neugierig bezeichnen?”.

Wenn man sich den Begriff der Neugierde mal etwas genauer anschaut, so wird das Ganze mit einem Verlangen, etwas Neues zu erfahren oder etwas Verborgenes kennenzulernen. Besonders interessant ist dabei, dass dieses Verlangen in Form eines Reizes auftritt. Ein Reiz?! Was bedeutet denn genau ein Reiz? Ein Reiz ist eine Einwirkung auf den Organismus, der eine nicht vom Willen gesteuerte Reaktion hervorruft. Das bedeutet also, es startet alles mit einem Verlangen in unserem Unterbewusstsein, dem wir dann schließlich unbewusst bzw. nicht willentlich folgen und schließlich an einen Punkt ankommen, an dem wir uns über die daraus resultierenden Möglichkeiten bewusst werden. Also der Moment, in dem wir eine Entscheidung treffen müssen, ob wir das wollen und wir diese Möglichkeiten ergründen wollen oder eben nicht.
Ein gutes analoges Beispiel dafür ist der durch Appetit angeregte Gang zum Kühlschrank. Ein inneres Verlangen dem man recht unbewusst und voller Vertrauen folgt, die Kühlschranktüre öffnet und schließlich realisiert, was man da gerade tut, bevor man eine Entscheidung trifft.
Wenn man sich über diese Prozessabfolge bewusst wird, fühlt sich das irgendwie sehr verkopft an, dabei hatten wir einst eine andere Herangehensweise. Als wir noch Kinder waren, haben wir uns über viele Dinge keinen Kopf gemacht, sondern einfach die Dinge getan, zu denen wir uns hingezogen fühlten oder die ganz automatisch unsere Aufmerksamkeit erregten. Wir haben nicht ständig bewusst entschieden und versucht abzuwägen, ob wir das nun dürfen, wir dafür Zeit haben oder sich das mit unseren Zielen deckt. Wir waren frei und in dem unbewussten Vertrauen zu unserer inneren Stimme. Auf dem Weg zum Erwachsenwerden haben wir die Verbindung zu unserer inneren Stimme leider etwas verloren. Mit ein Grund dafür ist unser Drang danach alles durch Zahlen messbar zu machen, um so mit unserem rationalen Verstand Entscheidungen treffen zu können. Dabei bilden Zahlen immer nur einen Teil der von uns wahrgenommenen Realität ab. Albert Einstein hat das durch folgende Worte zum Ausdruck gebracht:
“Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk,
und der rationale Verstand ein treuer Diener.
Wir haben eine Gesellschaft erschaffen,
die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.”

Für mich ist der Mechanismus der Neugierde ein urmenschlicher Instinkt, der die Antriebsfeder für unsere Weiterentwicklung darstellt. Wenn das der Fall ist, kann man sich die Frage stellen, ob man die Neugierde nur als eine impulsive Kraft aus dem Unterbewusstsein wahrnehmen oder sich auch bewusst in den Zustand der Neugierde hineinbegeben möchte. Mit anderen Worten: Möchte ich die Neugierde nur als eine Nebenprodukt der menschlichen Evolution betrachten oder möchte ich den Mut und das Vertrauen aufbringen, die Neugierde auch zu leben, mich von ihr bewusst unbewusst leiten zu lassen und durch das Ausleben neue Wachstumsräume erschließen? Einfach mal loslassen und diese auf Veränderung gerichtete Triebkraft wirken lassen, bis schließlich eine Dynamik entsteht, die sich verselbständigt und ein System anregt, das sich immer weiter selbst befüttern möchte.

Interessant ist, dass zu Beginn dieser Bewegung die Bereitschaft steht, die bei uns Menschen Teil des Bewusstseins ist. Erhält die Neugierde ihre Dynamik also viel mehr aus der Bereitschaft anstatt aus dem Zustand selbst?

Unter Anbetracht dieses Gedankens sollte die erste und wirklich ehrlich zu beantwortende Frage lauten: “Möchte ich ein neugieriger Mensch sein?” 

Wenn die Antwort”Ja” lautet und die Bereitschaft besteht, wirkt die Neugierde bereits und drängelt ungeduldig mit einer weiteren Frage im Hintergrund: Wie schafft man es der eigenen Neugierde mehr zu vertrauen und den Mut dafür aufzubringen, die Neugierde als einen Wert einer Organisation auch zu leben?

Es mag zahlreiche Wege geben um der eigenen Neugierde mehr zu vertrauen und ihr bedingungslos nachzugehen. Nachfolgend möchte ich dir einen Weg aufzeigen, der uns dabei hilft neugierige und erfahrungsgetriebene Menschen zu sein. Dazu mache ich einen kleinen Umweg, in dem ich den Zusammenhang von Neugierde und Kreativität aufzeige und letztendlich durch eine Provokation deine Neugierde entfachen möchte.

Wir sind überzeugt, dass unsere Neugierde uns dabei hilft, unseren Wissensdurst zu stillen, unseren Horizont  zu erweitern, uns Dinge ausprobieren lässt und uns so dem Zustand der eigenen Kreativität wieder viel näher bringt.

Um den großen und weiten Begriff der Kreativität greifbarer zu machen, hilft es, von einem niedrigschwelligen Verständnis auszugehen: Kreativ ist, wenn man etwas tut, das man zuvor noch nie getan hat oder etwas auf eine Art und Weise tut, wie man es zuvor noch nie getan hat. 

Die Kreativitätsforschung würde nun darauf bestehen, dass das Gemachte einen Neuheitscharakter haben muss und nutzbringend zu sein hat oder anders gesagt ist Kreativität die Fähigkeit, etwas zu erschaffen, was neu oder originell und dabei nützlich oder brauchbar ist.

Die Bedeutung von den Worten ‘neu / originell’ oder ‘nützlich / brauchbar’ ist allerdings relativ und immer vom Kontext abhängig. Gehen wir bei dem Kontext nun wieder von der einfachsten Basis aus, nämlich der eigen gemachten Erfahrung, so widerspricht unser niedrigschwelliges Verständnis nicht dem holistischen Verständnis der Kreativitätsforschung. 

Sollte nun jemand dieses einfache Verständnis von Kreativität als zu unpräzise halten, dann sage ich, dass genau hier die Neugierde ins Spiel kommt. 

Neugierde bedeutet nicht, seine eigene Sichtweise und sein eigenen Verständnis in anderen Menschen und deren Meinung wiederzuerkennen oder gar Menschen von dieser Meinung zu überzeugen, sondern sich selbst die Möglichkeit zu schaffen, neue Sichtweisen und neue Meinungen kennen zu lernen. 

Wozu sollte man sich beim Verständnis von einer Sache durch das Korsett der eigenen Meinung einschränken, wenn man durch einer offenen Haltung die Möglichkeit hat neue Sichtweise dazu zu gewinnen? 

Oder anders gefragt: Die eigenen Meinung existiert ja bereits. Wieso sich also nicht einmal gegenüber Anderen und neuen Ansichten öffnen, um die Chance zu haben die eigene Meinung durch neue Perspektiven anzureichern?

Um eine solche offene und vertraute Haltung einzunehmen, hilft einem das Verständnis, dass Meinungen weder richtig noch falsch sind, sondern vielmehr als subjektive Wahrnehmung einer Person verstanden werden dürfen, die für den eigenen Kontext passend oder eben unpassend sind.

Durch dieses Verständnis und das daraus resultierende (Selbst-)Bewusstsein fällt es erheblich leichter sich zu öffnen, und somit seiner Neugierde Raum zu geben. 

Leider haben viele Menschen Angst davor, dass durch eine offene Haltung ihre eigene Meinung in Frage gestellt wird oder sie als unwissend und somit schwach wahrgenommen werden. 

Um diese Sorge zu überkommen, hilft es in der entsprechenden Situation, in der das eigene Ego anspringt und man es sich selbst oder anderen durch Formulierungen wie “Meiner Meinung nach….” beweisen möchte, für einen kurzen Moment inne hält. So schafft man einen Raum, um einen Schritt zurückzugehen und sich selbst die Frage stellen zu können: “Kenne ich meine eigene Meinung und bin ich selbst überzeugt davon?” 

Wenn man sich nun dabei erwischt, wie man in Gedanken mit einem klaren “Nein” oder eher so einem  unentschlossene “Neijaaa also…” antwortet, so kann man mit einer offenen und neugierigen Haltung ja nur für sich dazugewinnen. Die neue Ansichten und Gedanken helfen einem dabei eine eigene und reflektierte Meinung für die Zukunft zu bilden. 

Sollte die Antwort auf diese Frage aber ganz klar  “Ja” lautet, so sollte man aus dieser bereits existierende Meinung eher ein Gefühl von innerer Sicherheit entnehmen, anstatt sich durch ein Gefühl von Angst in eine kämpfende und verteidigende Haltung zu begeben. Man hat ja bereits eine existierende Meinung, durch die man bisher auch weit gekommen ist und man sich somit auch zukünftig auf diese Überzeugung verlassen können wird. 

Diesen Gedankenabfolge hilft mir dabei mich einer neuen Perspektive zu öffnen, um daraus wertvolle Erkenntnisse für die eigene Meinung zu entnehmen.

Festzuhalten ist also: Ein entscheidender Punkt, um den Wert der Neugierde zu leben, liegt in dem Bewusstsein über die eigene Haltung. Nur durch eine offene und möglichst wertungsfreie Haltung wird sich die Kraft der Neugierde wirklich entfalten.

Im nächsten Schritt gibt man seiner Neugierde schließlich in Form einer Frage eine Gestalt. Fragen zu stellen bedeutet letztendlich sich selbst zu erlauben dazuzulernen, um Zusammenhänge zu verstehen, anstatt sie einfach hinzunehmen und sie zu akzeptieren. Wer Fragen stellt, erklärt sich bereit, konventionelle Denkautobahnen zu verlassen, um erlebte oder neue Sinneseindrücke in seinem Gehirn auf neue Weise zu vernetzen und sich neue Perspektiven zu erlauben.

Wir nennen diese Bereitschaft stets Fragen zu stellen das (Hinter)Frager-Mindset, das auf der Einstellung beruht, dass eine Frage oftmals die bessere und umfassendere Antwort liefert, als eine Aussage selbst.

Das Werkzeug der guten Fragen eröffnet einen grenzenlosen Möglichkeitsraum. Leider gibt es weder in der Schule noch in der Universität ein Fach, was uns darin unterrichtet, gute Fragen zu stellen. Weder Fragen, die wir anderen Mitmenschen stellen, um Sie oder den Kontext besser zu verstehen, noch solche Fragen, die wir an uns selbst richten, um einen Wachstumsraum in der eigenen Persönlichkeit zu erschließen. 

Auch wenn wir nie wirklich explizit gelernt haben gute Fragen zu stellen, bietet uns eine Sache eine gute Basis dafür; Das Vertrauen in unsere Neugierde und die Bereitschaft sich von dieser leiten zu lassen. 

Zusammenfassend kann man also sagen: 

In dem wir eine wertungsfreie und selbstbewusste Haltung einnehmen, helfen wir unserem Geist sich zu öffnen und schaffen so optimalen Nährboden für unsere Neugierde um sich zu entfalten. Durch eine initiale Frage verleiht man der eigenen Neugierde eine Richtung und durch unser Vertrauen zu uns selbst erscheinen automatische Fragen aus dem Unterbewusstsein, die der Neugierde eine Dynamik verleihen. Bei der Beantwortung stößt man automatisch auf weitere unbeantwortete Fragen und ungelösten Probleme. Da man den dabei automatisch und unbewusst aufkommenden Fragen vertraut, geht man diesen Fragen mit Leichtigkeit nach. Man könnte fast sagen, dass die aufkommenden Fragen eher einem Impuls entstammen oder gar von einem Gefühl geleitet sind anstatt aus einem verkopften Denkprozess resultieren.

Ist der Mechanismus der Neugierde erst einmal ins Laufen gekommen, so fängt er an sich zu verselbständigen und gewinnt zunehmend an Fahrt.Die weiteren Fragen regen also instinktiv wieder das System der Neugierde an, was sich mit der Suche nach Antworten und dem Finden von neuen Fragen selbst belohnt. Ein theoretisch endloser Kreislauf, der zu geistigem Wachstum führt und somit Nährboden für die eigene Entwicklung bietet.

Um das eben beschriebene an sich selbst zu erleben, schlage ich dir folgendes Experiment vor: 

Besuch die Seite www.wikipedia.de und geb im Suchfeld den Begriff “Sinn” ein. 

Was passiert als nächstes aus deiner Sicht? 

Wie steht es um deine Neugierde?

Um ein offenes und von Neugierde getriebenen Mindsets zu fördern, sind zwei Bedingungen sehr vorteilhaft:

Erstens einen möglichst erwartungsfreien Rahmen, um die dabei aufkommenden Fragen von innen heraus entstehen lassen zu können.

Zweitens eine gewisse Zeit, in der man sich der Neugierde bewusst widmen darf, um den daraus resultierenden Mehrwert zu erfahren und so wieder ein größeres Vertrauen zur eigenen Neugierde aufbauen kann.

Letztendlich ist Neugierde eine Überzeugung, die extrem viel Freude bereitet, den Alltag mit neuen Perspektiven erfrischt und Wachstum durch konstantes Lernen mit sich bringt. Aus diesem Grund haben wir uns den Potentialen von Neugierde angenommen, in dem wir sie als einen gelebten Wert stets zum Teil unserer eigenen Unternehmenskultur machen und zum anderen durch erlebbare Prozesse Menschen und Organisationen dabei unterstützen, die Potentiale und den Mehrwert von neugierde für sich selbst wieder zu entdecken.

Warum wir das tun? Unsere Absicht dahinter ist, das System der Neugierde auf individueller und organisationaler Ebene ins Laufen zu bringen, um die daraus entspringende Kreativität der Mitarbeiter für die Gestaltung der Zukunft für die eigene Organisation nutzbar zu machen.

Wie wir das genau machen? In dem wir initiale Fragen stellen wie z.B. “Möchtest du ein neugieriger Mensch sein?” und Mitarbeiter durch erlebbare Formate Antworten und neue Potentiale entdecken lassen.

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